- Tournier
- Tournier[tur'nje], Michel, französischer Schriftsteller, * Paris 19. 12. 1924; studierte in Paris und Tübingen, war u. a. Verlagslektor und Rundfunkjournalist. Tourniers Romane sind breit angelegte, klassisch erzählte Geschichten von großer symbolischen Dichte, die philosophische und kulturgeschichtliche Themen aufnehmen und diesen eine neue Aktualität verleihen, so gibt er in »Vendredi ou les limbes du Pacifique« (1967; deutsch »Freitag oder im Schoße des Pazifik«) eine ironische Version des Robinsonstoffes, in »Gaspard, Melchior et Balthazar« (1980; deutsch »Kaspar, Melchior und Balthasar«) erzählt er die Dreikönigslegende neu. Die Transformation kulturgeschichtlich und mythologisch bedeutsamer Motive kennzeichnet auch sein bekanntestes Werk, »Le Roi des aulnes« (1970; deutsch »Der Erlkönig«, verfilmt von V. Schlöndorff unter dem Titel »Der Unhold«, 1996), wo er die Legende des Kinderräubers in das Deutschland des Nationalsozialismus übertrug. Für Tournier besteht die wichtigste Funktion der Literatur darin, die in unserer Geschichte wirksamen Mythen vor der Erstarrung zu bewahren, wie er in seinen kritischen Essays, etwa »Le vent Paraclet« (1977; deutsch »Der Wind Paraklet. Ein autobiographischer Versuch«), ausführt. Tournier widmet sich auch der Fotografie und verfasst Kinder- und Jugendbücher, oft über die Themen seiner großen Romane, wie »Vendredi ou la vie sauvage« (1971; deutsch »Freitag und Robinson im Bann der wilden Insel«).Weitere Werke: Romane: Les météores (1975; deutsch Zwillingssterne); Gilles et Jeanne (1983; deutsch Gilles & Jeanne); La goutte d'or (1985; deutsch Der Goldtropfen).Erzählungen: Le coq de bruyère (1978; deutsch Die Familie Adam); Le médianoche amoureux (1989; deutsch Das Liebesmahl. Novellen einer Nacht).Essays: Le vol du vampire (1981); Le pied de la lettre (1994).
Universal-Lexikon. 2012.